Einzugsgebiete

Einzugsgebiete
Einzugsgebiete und Wasserscheiden

Einzugsgebiete von Flüssen, Brunnen, usw. stellen die wichtigste Bezugsfläche für hydrologische Fragestellungen (z.B. Wasserdargebot, Abflussverhalten des Einzugsgebietes) und Fragen des Gewässerschutzes dar. Während sich der Gewässerschutz bisher überwiegend mit den oberirdischen Fließgewässern beschäftigte (z.B. Gewässergüte und Gewässerstrukturgüte) rücken die Einzugsgebiete durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie stärker in den Blickpunkt. Neben punktuellen Einleitungen in Flüsse sind z.B. auch diffuse Einträge in das Grundwasser (im Einzugsgebiet) in Zukunft stärker zu berücksichtigen.
Neben den 'klassischen' Flusseinzugsgebieten mit Flüssen als Bezugsgeometrien können auch Einzugsgebiete von anderen Linien (z.B. Straßen und Straßengräben, Abflusslinien), Punkten (z.B. Brunnen, Pegelmessstellen) als auch von beliebig abgegrenzten Flächen berechnet werden.
Da die manuelle Abgrenzung von oberirdischen Einzugsgebieten bzw. Wasserscheiden aus topographischen Karten zeitaufwendig, z.T. unpräzise und unflexibel ist, bietet sich die automatische Ermittlung oberirdischer Einzugsgebiete auf der Basis von Digitalen Geländemodellen an. Mit der Erstellung eines digitalen Gewässernetzes, eines Digitalen Geländemodells und automatisch ermittelten Einzugsgebieten erhält man übrigens aufeinander abgestimmte, konsistente Daten für die Verarbeitung in modernen Geographischen Informationssysteme (GIS).

Einzugsgebiete von Flüssen auf der Basis von Digitalen Geländemodellen
Während die Abgrenzung von Einzugsgebieten aus Digitalen Geländemodellen (DGM) bezogen auf automatisch aus dem DGM abgeleiteten Abflusslinien bei der Verwendung hochwertiger Algorithmen absolut konsistent ist, stellt die Ermittlung der Einzugsgebiete von Flüssen bzw. Flussabschnitten aus einem DGM ein besonderes Problem dar. Der Grund hierfür ist, dass Flüsse i.d.R. in das Relief eingetieft sind, diese Eintiefung aber im Digitalen Geländemodell nicht existiert. Insbesondere kleine Bäche fallen buchstäblich durch die Maschen des DGM. In breiten Flusstälern ergibt sich das Problem, dass parallel zu den (nicht eingetieften) Flüssen Abflussrinnen im DGM existieren können, die den Flüssen das Einzugsgebiet auf einer Talseite 'wegnehmen'. Erst an der Stelle, wo die Abflussrinne den benachbarten Fluss (zufällig) kreuzt bzw. einmündet, wird dieses fehlende Einzugsgebiet dem Fluss zugeführt. Aus diesem Grund ist es erforderlich, das Digitale Geländemodell an das Gewässernetz 'anzupassen'. Eine simple 'Eintiefung' des Gewässernetzes in das Digitale Geländemodell reicht jedoch nicht aus, um dieses Problem zu lösen. Es müssen zudem die Abflussverhältnisse in einer weiteren Umgebung des Flusses angepasst werden, d.h. die Höhenwerte in der Umgebung müssen manipuliert werden. Wie weit diese 'Umgebung' reicht, hängt von der Lage der Wasserscheiden im DGM ab. Von der scilands GmbH wurden nun Verfahren entwickelt, die diese Anpassung realisieren und dadurch plausibel abgegrenzte Einzugsgebieten - insbesondere in den genannten Problemgebieten – liefern.
Abbildung 1: Einzugsgebiete von Flüssen, abgeleitet aus Digitalem Geländemodell (DGM)
(Ausschnitt aus dem Oberlauf der Unstrut, Thüringer Becken)
Abbildung 1 zeigt die Einzugsgebiete bezogen auf das digitale Fließgewässernetz Thüringens. Für jeden Fließgewässerabschnitt (weiße Linien) ist das Einzugsgebiet (in verschiedenen Farben) aus dem Digitalen Geländemodell von Thüringen (DGM25) mit 25 m Rasterweite berechnet worden. Die Umgrenzungen der Einzugsgebiete (schwarze Linien) sind zugleich die Wasserscheiden. (vgl. digitales Fließgewässernetz [3_3_1] bzw. diese Abbildung, die das digitale Gewässernetz für Abb. 1 zeigt). Man beachte, daß das Relief für die Schummerung 20fach(!) überhöht wurde, um die korrekte Lage der Wasserscheiden hervorzuheben, d.h. in der Realität handelt es sich nur um flachwelliges Relief mit geringen Höhenunterschieden.
Hinweis: Das Digitalen Geländemodell (DGM25) und das Fließgewässernetz Thüringens wurden ebenfalls im Auftrag der TLUG von der scilands GmbH erstellt.


Abbildung 2: Vergleich der Einzugsgebiete mit und ohne Anpassung des DGM
Abbildung 2 visualisiert das oben angesprochene Problem der Anpassung des Digitalen Geländemodells an den Verlauf der (real existierende) Flüsse. Abbildung 2a zeigt für einen Ausschnitt aus Abbildung 1 die Einzugsgebiete, nachdem das DGM angepaßt wurde. Abbildung 2b zeigt das Ergebnis ohne diese Anpassung. Hier wurden nur die Flüsse in das DGM eingetieft. Die Probleme werden vor allem an der Unstrut deutlich, die von Nordwest nach Südost den Kartenausschnitt durchfließt: Wie oben erwähnt nehmen im DGM vorhandene Rinnen, die parallel zum Fluß verlaufen können, ganze Talflanken des Einzugsgebietes weg und die Wasserscheiden rücken direkt an den Fluß. Das in Abb. 2b mit "3" markierte Einzugsgebiet (EZG) hat im Vergleich zu Abb. 2a seinen gesamten südlichen Teil an das EZG "4" verloren. Ähnlich sieht es mit EZG "6" aus, das einen großen Teil (im Norden) an das EZG "5" abgegeben hat. Ein besonders krasser Fall ist das EZG "1" bzw. "2": Das EZG "1" hat sich auf Kosten des EZG "2" erheblich vergrößert. Die Wasserscheide auf dem von Westen nach Osten verlaufenden Rücken (vgl. Abb. 2a) ist verschwunden und das Wasser aus dem nördlichen Nebental wird nicht mehr in die Unstrut (EZG "2") sondern um den Rücken herum in das Fließgewässer des EZG "1" abgeführt.
Es zeigt sich also, daß - vor allem in größeren Tälern - eine Anpassung des Digitalen Geländemodells erforderlich ist, damit die Einzugsgebiete plausibel abgegrenzt werden können.

Abbildung 3: Hierarchie von Einzugsgebieten
(Ausschnitt aus dem Gebiet Ebergötzen)
Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für die Hierarchie von Einzugsgebieten, die automatisch aus einem Digitalen Geländemodell abgeleitet wurden. Die Bezugsgeometrien für die Einzugsgebiete bilden, stellvertretend für ein Fließgewässernetz, automatisch ermittelte Abflußlinien [3_3_2] (blaue Linien).
Die Ordnungs-Nr. 1 bezieht sich auf ein lokales Gewässernetz. Übergeordnet existieren noch die Einzugsgebiete der Weser, Aller und Leine. Die Einzugsgebiete der Ordnungs-Nr. 1 (dicke schwarze Grenzen bzw. Wasserscheiden) enhalten die Einzugsgebiete der Ordnungs-Nr. 2 (rote Wasserscheiden). Die Einzugsgebiete der Ordnungs-Nr. 2 wiederum die Einzugsgebiete der Ordnungs-Nr. 3, usw. Die hierarchische Gliederung der Einzugsgebiete ermöglicht u.a. die Zusammenfassung von Teileinzugsgebieten (z.B. hinsichtlich der Abgrenzung oder Flächengröße) auf allen Hierarchiestufen.
Hinweis: Von den Einzugsgebieten der Ordnungs-Nr. 5 und 6 (hellorange und gelbe Wasserscheiden) existieren nur 3 Einzugsgebiete (ca. 1 km südwestlich des Kartenmittelpunktes).

Abbildung 4: Einzugsgebiete bezogen auf Punkte
(Ausschnitt aus dem Gebiet Ebergötzen)
Abbildung 4 soll verdeutlichen, daß die Ermittlung von Einzugsgebieten nicht unbedingt an Gewässernetze gebunden sein muß. Wie die Abbildung zeigt, können sich die Einzugsgebiete auch auf Punkte (z.B. Brunnen, Pegel) oder Linien (z.B. Straßenabschnitte) beziehen.
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